Fallstudie A2: Faser tox
Aus Hochleistungsfasern, die aus ultrahochmolekularen (UHMW) Polymeren hergestellt werden, entstehen in Verbindung mit Metalloxid- oder Metallnanopartikeln Materialien für Filtration, Katalyse oder Sensorik. Solche Fasern werden auch für den Aufbau von Systemen mit mehreren Funktionen verwendet. Diese ermöglichen es beispielsweise, Schadstoffe gleichzeitig photokatalytisch aus Wasser zu entfernen und nachzuweisen. Die Fasern bilden die Grundstruktur, die auch in biologischen Umgebungen lange Zeit stabil bleiben. Die Nanopartikel ergänzen elektrische, sensorische oder katalytische Eigenschaften.
Unser Ziel ist es, die Auswirkungen, die die Kombination von nano- und mikroskaligen Bausteinen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat, zu verstehen (siehe auch Fallstudie B2). Fasern und Faserbruchstücke können über kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel in den menschlichen Körper gelangen. Auch die Aufnahme von Polymerfasern und deren Abbauprodukten über die Atemwege gewinnt derzeit zunehmend an Aufmerksamkeit. 1 2 Unsere toxikologischen Studien konzentrieren sich also auf Verdauungstrakt und Atemwege. Aus den Erkenntnissen wollen wir Leitlinien und Kriterien für die Entwicklung nachhaltiger Materialien dieser Klasse bereitstellen.
Beispiele für hochmolekulare Polymere
Synthese und Funktionalisierung der Hochleistungsfasern durch DWI und IPF
Mittels einer etablierten Methode wird das DWI größere Mengen (0,5 – 1 g) an Hochleistungsfasern und Faserfragmenten herstellen. Unterschiedliche Polymere kommen dafür in Betracht. Das IPF wird metallische (Ag, Au) und metalloxidische (TiO2) Nanopartikel herstellen. Diese dienen als Beispiele für Nanopartikel mit sensorischen (Ag & Au durch plasmonische Feldverstärkung) und photokatalytischen (TiO2) Eigenschaften. Fasern und Nanopartikel werden am DWI zu einem praxisrelevanten Beispielmaterial kombiniert. Alternativ können am INM partikelhaltige Faserkomposite durch Elektrospinnen hergestellt werden. Die Fasern werden anschließend in kleine Stücke von bis zu 1 µm Länge geschnitten um den Zerfall der Fasern während der Nutzung zu simulieren. Die Fasern können mit fluoreszierenden oder metallischen Markern versehen werden um die Beständigkeit in biologischen Systemen – ein wichtiger Faktor, der bei Gefahrenanalysen herangezogen wird – zu messen.

Ermittlung der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit am IUF und IfADo
Die Untersuchungen am IUF konzentrieren sich auf die Auswirkungen von Faserstücken auf das Lungen- und das Darmepithel. In In-vitro-Untersuchungen an menschlichen Epithelzellen in Kokultur mit Makrophagen werden die toxischen Auswirkungen fasriger Materialien genauer beleuchtet. Da die Epithelzellen Mucus ausbilden, kann auch der Einfluss der Mucusschicht auf das Zusammenspiel von Faser und Zelle erforscht werden. Eine möglichst wirklichkeitsnahe Exposition der Lungenepithelzellen wird durch die Nutzung von Luft-Flüssigkeits-Grenzflächen-Modellen (Air-Liquid-Interface / ALI erreicht. Bei der Methode wachsen die Zellen an der Grenzfläche von Luft und Medium. So können die zu untersuchenden Fasern über die Luftseite auf die Zellen beziehungsweise der Mucusschicht auftreffen. Beim In-vitro-Modell der Darmepithelzellen wird durch die Behandlung mit künstlichem Magensaft der Verdauungsvorgang simuliert und dessen Einfluss auf die Reaktionsfreudigkeit der Fasern ermittelt. Das IfADo sequenziert die DNA (deep sequencing) ausgewählter Zellversuche und vergleicht die Ergebnisse mit denen anderer Fasern, für die bereits Richtwerte existieren (z.B. mineralische Fasern, Kohlenstoffnanoröhren).
